Die Geschichte zum Lindenhof
Wichtig in der jüngeren Geschichte des Bades ist das Gebäude des Lindenhofes, benannt nach dem alten Baumbestand vor dieser Liegenschaft. Es ist eines der ältesten noch gut erhaltenen Häuser und ist von der Entwicklung der Eisenbahn in Wald-Liesborn nicht abzukoppeln. In Bünde soll im Folgenden auf die Historie dieses Hauses eingegangen werden:
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde der Kreutzkemper-Kotten wahrscheinlich von Johann Völkemeier errichtet. Um 1870 verkaufte Heinrich Kreutzkemper, der nach Amerika auswanderte, den Hof an die Eheleute Brömse (siehe den Eintrag in der historischen Karte von 1880). Von deren Schwiegersohn erwarb dann Wilhelm Eichholz, der Gründer des Heilbades, den Kotten im Jahr 1905. Eichholz wandelte einen Teil des Anwesens in die Gaststätte “Lindenhof” um. Nach der Übernahme durch die Norddeutsche Badegesellschaft erwarben schließlich Antonius Frische und seine aus Belgien stammende Frau Julia das Heilbad einschließlich des Lindenhofes; diese verkaufte im Jahr 1943 das gesamte Anwesen an den Provinzialverband Münster, den Kreis Beckum, das Amt Liesborn-Wadersloh und die Gemeinde Liesborn. Karl Frische blieb aber Pächter bis 1952. Aktuell gehört der frühere Lindenhof der aus dem Ort stammenden Familie Kopmeier.
Auf einzelne Daten und Personen soll im Folgenden detaillierter eingegangen werden: Auf jenem `Kreuzkamp` in Suderlage, an der gegenüberliegenden Seite der Bahnlinie Lippstadt-Rheda, wurde in mittelbarer Nähe der Gleise im Jahr 1900 eine Mutungsbohrung nach Kohle durch die Firma Deilmann aus Dortmund niedergebracht. Man fand am 14. September in schließlich 912 m Tiefe aber Sole statt Kohle.
Dies war - auch wenn die Urbarmachung der Quelle noch auf sich warten ließ - die Geburtsstunde des späteren Bades Waldliesborn. Erst im Jahre 1903 erwarb der Hamburger Kaufmann Wilhelm Eichholz die Rechte an der Solequelle: er gründete das Bad Eichholz; nach ihm ist die heutige Reha-Klinik am Walkenhausweg und der Weg `Im Eichholz` benannt.
Eichholz hatte große Aufbaupläne für das noch junge Bad: so hat er mit den Kasseler Architekten Karst und Fanghänel 1905 damit begonnen, ein Badehaus samt ansehnlicher Brunnen- und Parkanlagen an der ehemaligen Reichschaussee, der heutigen Quellenstraße, in Auftrag zu geben, das dem unteren Schloss Belvedere in Wien nachempfunden werden sollte. Dieser angefangene Bau kam allerdings drei Jahre später fast völlig zum Erliegen, da sich bei Eichholz als Investor wirtschaftliche Probleme herausstellten und er Insolvenz anmelden musste.
Die Reste des sich bereits zum Obergeschoss erstreckenden Rohbaus standen noch bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg im nördlichen Teil des Kurparkes, als der Bau 1938 für die Bevölkerung zum Abbruch freigegeben wurde.
Der erste Badearzt in Waldliesborn, Dr. Ernst Stolte aus Berlin, hat schließlich im Jahre 1913 ein weitaus kleiner dimensioniertes Badehaus errichten lassen, das heute als Verwaltungssitz der Bad Waldliesborn GmbH fungiert und sich im Karree zwischen dem Lindenhof bzw. dem heutigen Restaurant `Neue Welt` und dem früheren Sitz der Auskunft der Kurverwaltung befindet. Dr. Stolte wirkte sehr segensreich im jungen Bad; leider kam er bei einem Verkehrsunfall auf der Chaussee in Richtung Lippstadt, auf Höhe des Lipperbruchbaumes, auf tragische Weise 1924 ums Leben, was eine Zäsur im Badebetrieb bedeutete. Ein Verbindungsweg zwischen Quellen- und Braukstraße ist nach Dr. Stolte benannt.
Die fünf Villen im nördlichen Teil des Ortes - an der Ostseite der Chaussee - wurden ab 1908 als Pensionsvillen errichtet. Die Nachfolgegesellschaft `Deutsche Bade GmbH zu Hamburg-Altona`, welche die Anteile von Eichholz am Bad im Jahre 1912 erwarb, gewährleistete noch die Fertigstellung der beiden 1913 zuletzt in Auftrag gegebenen Villen, so dass sich kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges doch noch ein Teil der ursprünglichen Pläne der Architekten verwirklichten; allerdings würde sich das Zentrum des Ortes heute gänzlich anders darstellen, falls die Zeichnungen wirklich 1:1 umgesetzt worden wären.
1913 kam es an der `Rhedaer Bahn` zur Einrichtung eines Haltepunktes im damals noch so genannten Suderlage, was für den weiteren Kurbetrieb von immenser Bedeutung - und am 12. Juli desselben Jahres den Namen `Bad Liesborn` zur Unterscheidung mit der dortigen Haltestelle geschuldet war. Die Bezeichnung `Bad Waldliesborn` wurde erst mit Beschluss der Bahndirektion in Oelde zum 11.02.1914, an dem auch die Eintragung einer `Bad Waldliesborn GmbH` in das Handelsregister stattfand, in Kraft gesetzt. Hierfür war der Reichsbahnvorstand Emil??? Raab verantwortlich, der die Idee zum neuen, erweiterten Ortsnamen hatte.
Der Erste Weltkrieg und dessen Auswirkungen auf die allgemeine und auch auf Waldliesborn bezogene wirtschaftliche Lage hatte Zahlungsschwierigkeiten bei der `Deutschen Bade GmbH zu Hamburg-Altona` als Eigentümerin des hiesigen Badeortes zur Folge: 1920 musste dieser an die Privat(ehe)leute Julia und Anton Frische aus dem benachbarten Langenberg i.W. - geschäftlich eingefädelt durch dessen belgischen Schwiegervater Jakob Bellings - veräußert werden.
Anfang der `goldenen` 1920er Jahre erholte sich der Kurbetreib allmählich, so dass gar eine Mineralwasserabfüllanlage samt Verkauf unter dem Namen `Bad Waldliesborner Tafelwasser`, verziert durch ein Etikett mit der Abbildung des Wald-Lieschens, initiiert wurde; allerdings wurde der Verkauf bereits Mitte des Jahrzehntes eingestellt. Heute findet man das Waldlieschen als Bronze-??? Plastik an der Solequelle I und verfremdet abgebildet auf der Pflaumenlikörflasche, die heutzutage u. a. im Haus des Gastes zu erwerben ist.
Am 04.08.1929 wurde der Grundstein für den Bau der kath. Kirche St. Josef am Beermannweg gelegt. Die zuvor als Gotteshaus fungierende St. Paulus-Kapelle, geweiht durch den Weihbischof Niels Stensen am 28.10.1680, wurde umgewidmet und diente bis zu ihrem Abbruch 1972 der Kolpingschar und auch der Bücherei als Begegnungsstätte; 1974 wurde dann der Neubau des Pfarrheimes `Die Brücke` eingeweiht.
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gedeihte die Entwicklung des späteren [seit 1974] offiziellen Kurortes. Anton Frische betrieb als Koch den Lindenhof, im kaufmännischen Bereich unterstützt durch seine Gattin. 1935 machten sich erste militärische Planungen der Nationalsozialisten auch hier bemerkbar: der relativ kleine Fliegerhorst im benachbarten heutigen Lipperbruch wurde ausgebaut und erhielt eine Anbindung an die Rhedaer Bahn, welche 1952 rückgebaut wurde.
Nach der verlorenen Schlacht um Stalingrad verlegte Julia Frische Anfang 1943 ihren Hauptwohnsitz nach Brüssel. Das Ehepaar hegte wegen der rückläufigen Gästezahlen und vermehrten Belegung durch Soldaten der Wehrmacht verstärkt Verkaufsabsichten, die in der Übertragung des Bades an verschiedene Gesellschafter mündete (s. oben). Hierbei war der spätere Kurdirektor Ewald Klinkhammer federführend, wobei im sein `enger Draht` zur politischen Führung hilfreich war.
Bereits während der Endphase des Krieges wurden die bereits erwähnten Villen und sämtliche Nebengebäude an der Chaussee mit sage und schreibe ungefähr 3000(!) FremdarbeiterInnen komplett überbelegt. Nach dem Einmarsch der US-Amerikaner am Ostersonntag, dem 01.04., und schließlich der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 wurden die größtenteils aus dem Osten Europas hierhin Verschleppten in die Freiheit entlassen, was zu Plünderungen und (mutwilligen) Zerstörungen erheblichen Ausmaßes im Zentrum aber auch in der Peripherie des noch jungen Ortes führte. Mindestens drei Waldliesborner sind dabei ums Leben gekommen. Sukzessive wurden die Osteuropäer in Ihre Heimatregionen zurücktransportiert, so dass Angst und Schrecken vor ihrem Handeln in der Bevölkerung abnahmen und sich ein geordneteres Leben einstellen konnte.
Im Jahr 1946 stellte sich heraus, dass die Solequelle versiegt war; es dauerte bis zum Frühjahr 1948, bis sie neu erbohrt und verrohrt für den Badebetrieb nutzbar gemacht werden konnte, übrigens durch die gleiche Bohrgesellschaft, die in 1900 die Quelle nutzbar machte.
Die Schäden an den Badeeinrichtungen und privaten Gebäuden wurden allmählich beseitigt, und neben dem Aufbau einer weiteren Infrastruktur gelang es, wieder einen bescheidenen Kurbetreib zu generieren. In den zwei folgenden Dekaden florierten der Betrieb und entwickelten sich die Gästezahlen in einer Form, wie man es sich nach dem Erliegen jeglicher kurativen (???) Tätigkeit in den 1940er Jahren nicht hätte vorstellen können: es bildete sich eine regelrechte Kurverwaltung mit Marketingabteilung heraus, die Bade GmbH war über Jahrzehnte der größte Arbeitgeber im nahen Umkreis und hatte eine Strahlkraft weit über die Grenzen des Ortes. Kurdirektoren und ihre StellvertreterInnen kamen und gingen.
1975 ging durch politischen Willen Bad Waldliesborn als Stadtteil verwaltungstechnisch in Lippstadt mit nunmehr 17 Ortsteilen auf, somit gehörte man ab sofort nicht mehr dem Amt Liesborn-Wadersloh, dem Kreis Beckum und dem Regierungsbezirk Münster an, sondern dem Kreis Soest und war der Bezirksregierung im sauerländischen Arnsberg unterstellt; heute ist man ökonomisch sogar der Region `Südwestfalen` angegliedert, was geografisch und historisch nicht mit der Lage von `Walibo` am südöstlichen Rand des Münsterlandes einhergeht. Zudem wird hier mitunter etwas anders plattdeutsch gesprochen als in Lippstadt und dessen Ortsteilen, nämlich eine Form des `Münsterländer Platt`.
Am 30. Juli 1979 wurde der Personenverkehr der Rhedaer Bahn eingestellt, im November 1985 fuhr der allerletzte Triebwagen durch Bad Waldliesborn (woran sich der Verfasser erinnern kann). Es wurde daraufhin ein ÖPNV mit dem Bus, der heutigen Linie R70, sowie eine Stadtbuslinie 4 eingerichtet, die den Badeort mit dem Lipperbruch und der Kernstadt an der Lippe verbindet. Bis in das Jahr 2002 stand ein Waggon der deutschen Bahn als Kiosk auf den Gleisen gegenüber dem alten Bahnhof, der heutigen `Guten Stube`.
Die Gesundheitsreformen des zuständigen Bundesministers Horst Seehofer Mitte bzw. zum Ende der 1990er Jahre und ihre Auswirkungen auf die Gästezahlen und den Kurbetrieb im Allgemeinen in Walibo waren verheerend und mündeten 2004 in die insgesamt 3. Insolvenz (hier: der Bade GmbH) in dessen Geschichte (vgl. 1912 sowie 1920). Das Bad verlor mehr und mehr Besucher und sukzessive an Infrastruktur, die durch neue Geschäfts- und Wohnquartiere neu aufgebaut werden konnte. Die allgemeine Entwicklung ging vom Kur- zum Wohnort, insonderheit ältere Bürger von außerhalb verleben hier bewusst ihren Lebensabend, aber auch reichlich Bauland ist jüngst für Familien mit Kleinkindern ausgewiesen worden. Darauf mussten die (Pensions-) Betriebe, der Einzelhandel und die Gastronomie reagieren, so das ein Teil der Angebote vor Ort auf ein unterschiedliches Publikum abzielt.
Ein außergewöhnliches Ereignis war das Kreisschützenfest im September 2005, welches nahezu 8000 Schützenschwestern und -brüder in noch nie dagewesener Weise in Waldliesborn gesehen hat...gefeiert und marschiert wurde im Ort und abschließend auf dem im Jahr 2000 vom Verein erworbenem nun vereinseigenem Gelände in `Austerhoffs Wiese` - am Tag der damaligen Bundestags- und dazu führenden Kanzlerin- Wahl.
Zum Ende hin soll das neuralgische Areal der ehemaligen Kreuzkamp-Klinik in der Nähe der ev. Friedenskirche, nach der auch eine Straße im neuen Wohngebiet ernannt ist, Erwähnung finden: die Klinik samt Außenbereichen wurde ab 2014 abgerissen respektive zu einem Wohnviertel, der `Neuen Mitte` Walibos, umgestaltet.
Die ehedem (teils stilistisch holländischen Vorbildern nachempfundenen) unmittelbar angrenzende Promenade an der ehemaligen Rhedaer Bahn wurde bis auf ca. 50 Meter der ursprünglich 200 Meter Länge verkürzt, so dass sich eine neue Zuwegung zu der „Walibo-Therme“ und dem gesamten Gesundheits-, wie dem modern gestaltetem Therapiezentrum, ergibt.
Nicht unerwähnt bleiben soll das jüngste Aufgehen der Touristik & Marketing GmbH in die Kultur & Werbung Lippstadt (als wirtschaftliche `Tochter` der Stadt) mit Wirkung zum Jahr 2021. Nun gibt es mit der Prokuristin Frau Sindermann eine gemeinsame Geschäftsführerin für das touristische Marketing für Lippstadt als Walibos `Hauptstadt` und Waldliesborn selbst.